29.04.2008: Anti-Doping-Information des HPV in Dieburg
"Pétanque ist von der NADA im Hinblick auf Doping als gering gefährdete Sportart eingestuft" so die Einordnung von Johanna zu Beginn ihres Vortrages. NADA, das ist die Nationale Anti Doping Agentur Deutschland, der nationale Repäsentant der WADA = World Anti-Doping Agency. Auf ihrer Internetseite stellt sich die NADA wie folgt vor: "Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) ist die maßgebliche Instanz für die Dopingbekämpfung in Deutschland. Die Aufgaben der NADA umfassen Dopingkontrollen, Prävention, medizinische und juristische Beratung sowie internationale Zusammenarbeit. Die NADA steht im Kampf gegen das Doping für Unabhängigkeit, für Glaubwürdigkeit und für Professionalität. "
Gerade den Aspekt der Beratung und der Hilfe für die Sportler betonte Johanna mehrfach in ihrem Vortrag. Die Anti-Doping-Richtlinien weisen dem Sportler die alleinige Verantwortung für alles zu, was er / sie tut bzw. bei Kontrollen bei ihm / ihr festgestellt wird. Speziell im Bereich der verordneten Medikamente treten aber immer wieder Unsicherheiten auf, die oft vom Haus- oder auch Facharzt im Hinblick auf Dopingaspekte nicht ausgeräumt werden können. Die Liste verbotener Wirkstoffe und Methoden der NADA gibt dem Laien nur eine grobe Orientierung, verlässliche Aussagen kann nur ein mit diesem Thema vertrauter Mediziner treffen. Hierfür hält die NADA einen Beratungsdienst bereit, der mit verbindlichen Auskünften schnell und verlässlich hilft. Das Formular zur Medikamentenanfrage kann von der Website der NADA geladen werden und wird im Normalfall per eMail (Adresse auf dem Anfrageformular) an die NADA übermittelt. Soweit Medikamente zur Behandlung von Erkrankungen zwingend verordnet sind, die auf der Verbotsliste der NADA stehen (Beispiel: Betablocker), kann nach entsprechender Begründung eine "Medizinische Ausnahmegenehmigung (TUE/ATUE)" erteilt werden. Die Fragen rund um Medikamente stellten an diesem Abend einen Schwerpunkt der Fragen an Johanna dar.
Doch leider ist mit dem Thema "Medikamente" das Thema Doping im Sport – und das gilt auch für Pétanque – nicht erledigt. Der Sportbereich ist nur ein Ausschnitt der Gesellschaft und es gibt keinen Grund, warum hier die Verhältnisse wesentlich anders sein sollten als in der Gesamtgesellschaft. Viele der allgemein bekannten Dopingmittel sind im Pétanquesport ziemlich wirkungslos, aber Beruhingungsmittel oder auch deren Gegenteil, die Aufputschmittel spielen offensichtlich bei einigen Spielern eine Rolle.
Hingegen sind nach Meinung einer Vielzahl der an diesem Abend anwesenden Zuhörer Alkohol und Drogen im Pétanquesport das größere Problem gegenüber den vordergründig in den Sinn kommenden "klassischen" Dopingmitteln. Wer hat nicht schon mal bei einem Turnier gegen einen Gegner gespielt, dessen Alkoholpegel deutlich über dem zuträglichen und auch erträglichen Level lag. Bei den Drogen scheint der "Joint" in ähnlicher Weise bei Einigen zum selbstverständlichen Konsumgut zu gehören. Johanna stellte in Übereinstimmung mit den Anwesenden fest, dass es sich bei den Spielern, die mit beiden Substanzen ein Problem haben, um eine Minderheit der Spieler handelt – leider fällt diese Minderheit aber auf. Wie auch aus anderen Bereichen der Gesellschaft bekannt, wirken negative Ausnahmebeispiele aber eben deutlich stärker, als die überwiegende Mehrheit, die sich an die gegebenen Regeln hält.
Das Alkoholproblem wäre durch mutige interne Maßnahmen der Veranstalter in den Griff zu bekommen und hätte nach der Meidung von Alkohol zumindest an den Spieltagen auch keine Risiken in Hinsicht auf eine anstehende Dopingkontrolle. Anders ist das beim oft diskutierten Genuss von Cannabis. Dessen Abbauprodukt THC ist abhängig von der Intensität des Gebrauchs bis zu einigen Wochen im Urin nachweisbar. Die in der Diskussion allerdings oft dargestellte Nachweisbarkeit nach drei Monaten bedarf schon eines massiven, regelmäßigen Konsums und dann ist die Auffälligkeit bei einer Dopingkontrolle wahrscheinlich noch das geringste Problem des Betroffenen. Fest steht aber: Sowohl Alkohol als auch THC-Abbauprodukte gelten bei einem Nachweis oberhalb festgelegter Grenzwerte als Dopingvergehen. Deutlich gemacht wurde allerdings, dass ein mehrfach behauptetes Veröffentlichen im Sinne eines "An-den-Pranger-stellens" nicht erfolgt und weder zulässig noch der Sache förderlich wäre.
Die schon fast sprichwörtliche Entschuldigung mit dem Verzehr von Mohnbrötchen zeugt bestenfalls von geringem Einfallsreichtum während der Verzehr eines oder mehrerer Stücke Mohnkuchen während eines Turniers zu den Dopingfallen zählt und im Wiederholungsfall die Aussage der Großmutter bestätigt "Mohn macht dumm". Mohnprodukte, die Morphin enthalten, also besser am Buffet stehen lassen. Noch kritischer ist es nach Aussage von Johanna bei den Nahrungsergänzungsmitteln. Abgesehen davon, dass bei gesunder Ernährung solche Mittel überflüssig sind und bestenfalls deren Produzenten helfen, sind deren Inhaltsstoffe oft nicht so klar bezeichnet und so ergeben sich leicht schon einmal grenzwertige Situationen. Also besser: Hände weg!
Gerade wegen der vielfältigen und kompetenten Informationen sowie den authentischen Erfahrungsberichten war es bedauerlich, dass nur 25 Zuhörer an diesem Abend den Weg nach Dieburg gefunden hatten. Wurde nicht im Vorfeld des Länderpokals vehement über mangelnde Information geklagt? Auch der Ablauf der geplanten Alkohol- und Drogenkontrollen beim Länderpokal in Rastatt wurde angesprochen und die Hintergründe, warum es dann doch nicht zur angekündigten Kontrolle kam, wurden offen dargestellt. Für manche durchaus von erheblichem Erkenntniswert.
Der Ablauf von Dopingkontrollen in der Zukunft, die Auswahl der zu testenden Athleten, die Handhabung der Athletenerklärung, mögliche Sanktionen bei festgestellten Dopingvergehen und weitere Themen wurden an diesem Abend angesprochen und in wesentlichen Punkten auch aus juristischer Sicht durch den Vorsitzenden des DPV-Verbandsgerichts Elard Biskamp beleuchtet. Zuviel, um alles hier im Detail zu berichten. Bleibt nur festzustellen: Schade, dass so viele an diesem Abend fehlten – ein Kommen hätte sich gelohnt. Vielleicht würde dann manche Diskussion von mehr Sachkunde als von Emotionalität geprägt.
Am Ende der Veranstaltung gegen 23:00 Uhr bedankte sich Martina Becker bei Johanna Brauch für ihr Kommen, ihren Vortrag und die kompetenten Antworten zu den Fragen der Anwesenden. Dabei wurde noch einmal deutlich gemacht, dass der Vorstand und die Obleute des HPV keine rechtsverbindlichen Aussagen weder zu bestimmten Wirkstoffen oder Methoden noch zu daraus resultierenden Verfahren treffen können. Hier bietet die NADA über ihre Beratungsfunktion eine konkrete Hilfe für die Sportler.